Das rote Sofa – Ep.2 – „Du verstehst nicht“,

Du verstehst nicht Du verstehst nicht

dachte Miku, „es ist nicht wahr, dass ich keine Gefühle für Dich habe. In der Tat ist mir sehr wohl bewusst wie einzigartig das ist was da zwischen uns beiden ist. Es ist vielmehr so … ich will diese Gefühle nicht. Ich will diese Liebe nicht. Sie ist zu unberechenbar. Zu gefährlich. Liebe an sich ist zu gefährlich. Das einzige was in meinem Leben zählt ist materielle Sicherheit und Balance. Greifbares. Was soll ich mit all Deinen tiefen emotionalen Regungen anfangen? Sieh mich an. Ich bin zwar kein Toydarier, aber mental bin ich es. Dieses ganze emotionale Gefühlsduselei-Ding hat mich fast mein Leben gekostet. Ich gehe dort nie wieder hin. Auch wenn es sich noch so schön, so verlockend und wunderbar anfühlt. Es ist eine Falle. Es muss eine Falle sein. Es kann nur eine Falle sein. Am Ende muss alles sterben und wird ein bitteres Ende nehmen. Weißt Du? Du bist wunderbar. Du bist wundervoll. Es bist nicht du. Ich bin es. Es hat mit Dir nichts zu tun. Ich wünsche Dir das Glück, das Du so erträumst. Mit jemandem, der das selbe Mindset mit Dir teilt, das Du auch in Dir trägst. Dieses Hippie-Mindset. Ich kann das nicht. ich bin das nicht. Sieh mich an! Ich bin CFO einer der größten Investmentbanken, diese kleinen Staates. Nichts weltbewegendes, aber dennoch. Ich bin für diese Scheiße einfach zu alt. Nicht dafür gebaut. Ich kann das nicht. Und…
Ich liebe Dich. Aber … ich will es nicht.“
Seine Augen glänzten. Tausend mal hatte er dieses Gespräch in seinem Kopf geführt. Tausend mal hatte er Gelegenheit gehabt diese Worte auszusprechen. Tausend Mal hatte er versagt. Raga sah ihn an. Aber sie sah ihn nicht nur an. Sie sah ihn. Es war kalt. Ihr Atem fror. Miku öffnete den Mund, als ob er etwas sagen wollte. Die Vernissage war im gesellschaftlich lockeren Teil angelangt. Drinnen standen die Leute gelangweilt amüsiert in kleinen Grüppchen im Raum verstreut. Mit Rotwein und kleinen Brötchen bewaffnet und gaben sich hemmungslos bedeutungslosen Analysen der eigenwilligen Kreationen der jungen Malerin hin. „Dein Vishuddi ist zu wie das Arschloch einer Franziskanerin, Sweetie. Es ist ok, Süßer. Du hast Dir große Mühe gegeben mich in Dir zu töten. Weißt Du? Ich bin diese New Age Tussi, die Dinge weiß und die Deine Freundin Ado so verabscheut. Dinge zu wissen ist mein Job. Du hast nichts gesagt und ich habe alles gehört. Du brauchst Deine langweilige Komfort-Zone um sicher durch dein Leben gehen zu können. Sicherheit … Ich werde Dir keinen Vortrag darüber halten, dass sie nur eine Illusion ist. Du bist erwachsen genug. Ich liebe Dich zu sehr um Dir Dein langweiliges Glück zu gönnen. Ich bin nicht eifersüchtig. Kein bisschen. Vielleicht war ich das mal. Aber das ist kindisch.
Ich bin gewachsen. Wir alle wachsen, wenn wir es zulassen. Wenn wir uns darauf ausrichten zu wachsen. Als Menschen. Als Charakter. Als Persönlichkeiten. Wir sind uns sehr ähnlich, weißt du? Mein Herz wurde ebenso fatal vernichtet, wie Deines und Sicherheit ist das was ich mir am meisten wünschen würde. Du erhoffst sie in mondänem Materialismus zu finden, ich hoffe immer noch einen Partner zu finden, der ein aufrechtes bedingungslos treues Herz hat und mir diese Sicherheit emotional geben kann. Und das ist eigentlich der einzige Unterschied. Ja. Wir mögen divergierende Lebensanschauungen haben. Verschiedene Perspektiven auf den doofen Elefanten, aber wir können beide nicht leugnen, dass er im Raum steht. Rumi war weise. Sind wir es auch? Ich liebe Dich. Du wirst das vielleicht nie verstehen. Aber auch das ist egal.“, dachte Raga. Sie sah ihm lange in die Augen. Schweigen kann laut sein. Brüllend laut. Keiner hatte auch nur eine Silbe gesagt. Sie starrten einander nur an. Lange. „Mir ist kalt“, meinte sie schließlich. „Ich gehe jetzt nach Hause.“ „Soll ich Dich nach Hause bringen?“, fragte Miku verlegen. „Nein, Süßer. Ich nehme mir ein Taxi. I´ll be fine.“

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