„Hey! Wie geht’s dir?“
„Gut! Und dir?“
„Auch gut!“
Wie oft hat man diese Frage schon selbst gestellt beziehungsweise hat man auf diese Frage so reagiert? Ich hab mich öfters dabei ertappt, dass ich positiv geantwortet hatte und mich im Nachhinein ärgerte: „Warum hast du das jetzt eigentlich gesagt? Du bist doch gar nicht so gut drauf.“
Wann ist diese Frage „Wie geht es dir?“ eigentlich zur Floskel geworden? Mir ist das zum ersten Mal in den USA untergekommen. Ein Kollege kam mir im Büro entgegen und rief mir im Vorbeigehen zu „Hey, how are you?“ Und gerade als ich ansetzen wollte, ihm zu erzählen, dass ich am Vortag nach einer denkwürdigen Anreise angekommen war und noch am Jetlag litt, war er auch schon weitergegangen. Verblüfft schaute ich ihm nach. Warum fragte er, wenn es ihn nicht interessierte? Ich brauchte eine Weile, bis mir klar wurde: es ist eine Redewendung, keine Besorgnis um mein Wohlergehen. Und auch hier stelle ich fest, dass das „Wie geht’s dir?“ ein Appendix zum „Hallo!“ ist, keine Antwort verlangt und lediglich die Einleitung zum nächsten Punkt auf der Tagesordnung ist. Das ist sehr bedauerlich, entbindet es die Menschen doch vom Zuhören, vom näheren Kontakt, von Empathie, von einem gewissen Grad an Verantwortung fürs Gegenüber. Ja, mir fällt auf, dass man einander noch nicht mal in die Augen schaut, wenn man diese Frage stellt. Ein Zyniker möchte behaupten, dass man heutzutage zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, dass man keine Zeit für andere hat, dass das Leben zu schnell ist, um sich mit ihnen zu befassen. Auf den Social Media-Kanälen wird schnell weiter gescrollt, im Leben geht man schnell aneinander vorbei. Und dabei läuft man doch Gefahr, dass man vielleicht etwas ganz Spannendes verpasst oder dass man in dem Moment gerade der Mensch sein könnte, der hilft, wenn es einer anderen Person schlecht geht oder sich mitfreut, wenn es ihr gut geht. „Anteilnahme“ ist das Schlüsselwort. Ich habe mir vorgenommen, dass ich innehalte und mir Zeit nehme, wenn ich das nächste Mal jemanden treffe und frage „Wie geht es dir?“ Und wenn das obligatorische „Gut!“ kommt, werde ich nachhaken „Wirklich? Erzähl!“…